Das UFO/UAP-Thema im EU-Parlament [Upd.]

Bereits im Januar hatten wir auf unserem Blog einen kleinen Beitrag zu diesem Thema, der zwei Vorgänge auf EU-Ebene darstellte. Nach einer Anfrage von UAP Check, einen entsprechenden Beitrag für deren Blog zu verfassen, habe ich das Thema neu recherchiert und einen komplett überarbeiteten Beitrag verfasst, der nun insgesamt sieben Vorgänge auf EU-Vorgänge beschreibt, davon zwei aktuelle, zu denen noch keine Antwort der EU vorliegt. Der Beitrag erschien in zwei Teilen auf UAP Check in Englisch (Teil1, Teil2) und auf der Seite der italienischen UFO-Gruppe CISU in Italienisch. Der Beitrag steht auch als gesondertes PDF zur Verfügung.

Vorbemerkung

Die Frage nach der Befassung mit dem UFO/UAP-Thema oder dem Vorhandensein von (behördlichen) Kenntnissen und Unterlagen macht auch vor internationalen Institutionen nicht halt. Am Bekanntesten dürfte dabei sicherlich die Initiative des Karibikstaates Grenada bei der UN von 1975 bis 1977 zur Einrichtung einer Abteilung bei der UN zur Erforschung von UFOs sein, die dann letztendlich im Sande verlief und keine weiteren Aktivitäten seitens der UN nach sich zog. Aber auch an das Europäische Parlament gab es schon Anfragen und Initiativen zum Thema UFOs bzw. UAP.  Durch die aufkeimende UAP-Thematik und dessen Diskussion positionieren sich Interessierte auch auf EU-Ebene wieder stärker. Neben der Initiative der privaten UAP Coalitie aus November 2023 ist es eine Anfrage des am UAP-Thema stark interessierten Abgeordneten Francisco Guerreiro, der dazu auch ein UAP-Meeting, auch mit privaten UFO-Forschern, in Brüssel am 20. März initiiert hat Im Fokus steht aktuell die Einbeziehung des UAP-Themas sowohl in das EU-Weltraumgesetz als auch in die Verordnung zur Sicherheit in der Zivilluftfahrt, die den Meldeverkehr zu sicherheitsrelevanten Vorfällen regelt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit das Thema mehr Aufmerksamkeit bekommt, angesichts anderer, aktueller Probleme und Herausforderungen.

Diese Zusammenstellung gibt eine Übersicht über bekannte, bisherige Initiativen und Anfragen an die EU-Kommission und Ihren Ergebnissen. Bekannt sind zum Stand der vorliegenden Publikation drei umfangreichere Initiativen bzw. Entschließungsanträge, sowie fünf parlamentarische Anfragen an die EU-Kommission. Letztere sind, wie der Name schon sagt, einfache Anfragen bzgl. der Kenntnis oder des Sachstands zu bestimmten Themen. (Regelungs-)Initiativen und Entschließungsanträge formulieren detailliert Reglungen zur Behandlung eines Themas, die in bestehende Gesetze oder Vorschriften eingearbeitet werden oder solche neu formulieren sollen. Insbesondere Entschließungsanträge kommen gewöhnlich aus Reihen des EP selber, seitens Abgeordneter oder Ausschüssen. Die Initiative aus dem Jahr 1990 führte zu einem erwähnenswerten und umfangreicheren Bericht der zuständigen Kommission, aus dem hier ausführlicher zitiert wird. Zudem gab es 2009 einen Bericht des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags zum Thema „Die Europäische Union und ihr Umgang mit dem Thema ‚unidentifizierte fliegende Objekte‘“ der ergänzend auch noch vorgestellt wird.

Überblick
Parlamentarische Anfragen
     Anfrage vom 31. Januar 2024
     Anfrage vom 28. Juli 2023
     Anfrage vom 16. Mai 2008
     Anfrage vom 22. Januar 2004
     Anfrage vom 17. März 1998
Initiativen

     Entschließungsantrag vom 11. März 2024
     Initiative vom 27. November 2023

     Entschließungsantrag vom 26. November 1990
EU und UFOs im deutschen Bundestag

  

Parlamentarische Anfrage vom 31. Januar 2024

Die aktuellste Anfrage stammt vom 31. Januar 20241, in der sich der Abgeordnete Francisco Guerreiro (Verts/ALE, Portugal) auf das beabsichtigte, neue EU Weltraumgesetz bezieht, das „gemeinsame EU-Vorschriften für die Sicherheit, Belastbarkeit und Nachhaltigkeit von Weltraumaktivitäten und -operationen“ vorsieht. Guerreiro weist auf das Fehlen eines Meldeprozesses für UAP hin, was er als sicherheitsrelevant ansieht. Dazu hat er folgende Anfrage an das EP formuliert:

  1. Warum beinhalten die vorbereitenden Arbeiten für das EU-Weltraumgesetz (EUSL) kein UAP-Überwachungs- und Meldesystem, wenn man bedenkt, dass UAP eine potenzielle Sicherheitsbedrohung darstellen können und solche Phänomene von geschultem Personal mit Präzisionsinstrumenten im Weltraum beobachtet worden sind?
  2. Ist sie der Ansicht, dass UAP im Weltraumüberwachungs- und -verfolgungsdienst (SST), im SST-Forschungs- und Entwicklungsplan und im Dienst für erdnahe Objekte (NEO) ausdrücklich berücksichtigt werden sollten?
  3. Wird die EUSL (ähnlich wie die NASA) ein EU-UAP-Weltraumforschungsprogramm unter der Leitung eines Forschungsdirektors ins Auge fassen?

Zu dieser Anfrage gibt es noch keine Antwort seitens der EU-Kommission. Ergänzend zu seiner Anfrage hat Guerreiro einen Entschließungsantrag an das EP eingereicht (s. weiter unten unter Initiativen).

Parallel dazu hat er ein UAP-Meeting am 20. März 2024 in Brüssel organisiert, zu dem auch UFO-Forscher aus Europa eingeladen wurden und das den Untertitel trägt: „EU Airspace: Reporting and Scientific Assessment“. U.a. mit dabei sind Edoardo Russo von der italienischen CISU und EuroUFO.Net, Dr. Beatriz Villarroel vom Vasco-Projekt und der bekannte US Navy-Pilot Ryan Graves, der selber bereits UAP-Sichtungen hatte. Das Meeting soll den Stand der UAP-Forschung und die Möglichkeit von Forschungsaktivitäten auf EU-Ebene erörtern. Ein Resümee des Meetings findet sich hier.

 

Parlamentarische Anfrage vom 28. Juli 2023

Eine weitere aktuelle Anfrage stammt aus dem vergangenen Jahr. Am 28. Juli wurde eine Anfrage an das EU-Parlament übermittelt, in der nach Berichten und Protokollen zu gemeldeten UAP-Sichtungen gefragt wurde2. Die Anfrage nimmt auf die vergangene Anhörung des UFO-Whistleblowers David Grusch im Juli 2023 Bezug und enthält drei konkrete Fragen:

  1. Verfügt die Kommission über Kenntnisse oder Unterlagen über UAP, die von den Mitgliedstaaten oder EU-Agenturen, wie der Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm, gesammelt wurden?
  2. Liegen der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) Berichte über UAP vor, und verfügt die EDA über interne Protokolle für die Entgegennahme von Berichten über UAP aus den Mitgliedstaaten auf transparente und nachvollziehbare Weise?
  3. Verfügt die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) im Bereich der Zivilluftfahrt über Berichte über UAP, und verfügt die EASA über interne Protokolle für die Entgegennahme von Berichten über UAP von Piloten und Radarbetreibern in transparenter und nachvollziehbarer Weise?

Auf diese Anfrage wurde am 9. November geantwortet3. Darin wird Bezug auf das europäische Raumfahrtprogramm genommen, im Rahmen dessen auch Aktivitäten in der Erdbeobachtung, Satellitennavigation und Weltraumlageerfassung durchgeführt werden. Es wird die enge Zusammenarbeit im Raumfahrtprogramm mit den EU-Mitgliedstaaten hervorgehoben und die zugehörige Verordnung zitiert, die Bestandteile und Ziele enthält. Demnach gehört…

Das Sammeln von Erkenntnissen oder Dokumentationen über nicht identifizierte anomale Phänomene (…) jedoch nicht zu diesen Zielen.

Die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) verfügt über keine Dokumente, die dem Thema unidentifizierte anomale Phänomene (UAPs) entsprechen.

Da sich die EDA nie mit UAP-Themen befasst hat, verfügt sie weder über Dokumente, die der in dieser Frage gegebenen Beschreibung entsprechen, noch erhält sie solche. Darüber hinaus verfügt die EDA nicht über spezifische Protokolle zu diesem Thema, da es nicht in den Aufgabenbereich der EDA im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten fällt.

Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) und die Zivilluftfahrtbehörden der EU können Sicherheitsberichte über nicht identifizierte Objekte in der Luft erhalten, die die Sicherheit der Zivilluftfahrt gefährden könnten.

Die gesammelten Berichte über Sicherheitsereignisse werden in einem zentralen Datenspeicher gespeichert und ausschließlich zu Sicherheitszwecken analysiert. Die Meldung, Speicherung und Analyse von Ereignissen in der Zivilluftfahrt ist in der Verordnung (EU) Nr. 376/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Meldung, Analyse und Weiterverfolgung von Ereignissen in der Zivilluftfahrt geregelt. 

Demnach verfügt die EU über keine Dokumente oder Erkenntnisse zu UAP. Interessant ist allerdings der Hinweis auf die Europäische Agentur für Flugsicherheit und die Luftfahrtbehörden der Länder, dass es dort Berichte über sicherheitsrelevante Vorfälle mit nicht identifizierten Objekten geben könne und derartige Berichte zentral gespeichert und analysiert werden. Ob und in welchem Umfang solche Berichte möglicherweise existieren wird nicht weiter ausgeführt. Hier würde sich ggf. eine Recherche oder Anfrage lohnen. Bzgl. der Erhebung und Verarbeitung solcher Berichte aus der Zivilluftfahrt wird auf die entsprechende EU-Regelung verwiesen, in der sich jedoch keine ausdrückliche Erwähnung unidentifizierter Objekte im Luftraum findet4.

  

Parlamentarische Anfrage vom 16. Mai 2008

In einer Anfrage vom 16. Mai 2008 wies der Abgeordnete Marios Matsakis (ALDE, Zypern) auf die erfolgte Veröffentlichung von UFO-Akten seitens des britischen Verteidigungsministeriums hin5. Da es zu den gesammelten Berichten keine ordnungsgemäße Untersuchung, es aber auch eine hohe Anzahl an Sichtungen über Europa gegeben habe, wird die Frage gestellt, ob das Thema eine Prüfung seitens einer EU-Dienststelle verdienen würde:

Auch auf die Gefahr hin, dass ich vielleicht nicht seriös erscheine, möchte ich die Frage stellen, ob die Kommission der Ansicht ist, dass dieses Thema eine eingehende Untersuchung durch eine EU-Behörde verdient, vielleicht in Zusammenarbeit mit anderen Agenturen aus Drittländern (z.B. USA und Russland)? Ich frage mich, ob die Kommission mit mir darin übereinstimmt, dass es an der Zeit ist, sich ernsthaft mit der Frage zu befassen, ob es UFOs gibt oder nicht.

Die Antwort vom 25. Juli 2008 fällt sehr knapp aus6. Die Kommission dankt dem Fragesteller dafür, dass er die Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt hat, merkt aber an:

Die Frage der nicht identifizierten Flugobjekte fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Kommission, die nicht die Absicht hat, diese Angelegenheit zu verfolgen.

 

Parlamentarische Anfrage vom 22. Januar 2004

Vom 22. Januar 2004 datiert eine Anfrage des Abgeordneten Sebastiano Musumeci (UEN, Italien) bzgl. der Schaffung einer gemeinschaftlichen Stelle zur Untersuchung von unbekannten atmosphärischen Erscheinungen7. Darin vertritt der Abgeordnete die Auffassung, dass eine ernsthafte Untersuchung unbekannter atmosphärischer Erscheinungen durch verschiedene Raumfahrt- und Forschungszentren der EU eine besondere Aufmerksamkeit seitens der Kommission verdiene, da es sich um Erscheinungen handele, die nicht in die nationale Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten der Union zurückverwiesen werden könnten. Der Abgeordnete fragt dazu:

Hält es die Kommission daher nicht für angebracht, die Forschung und Information über unerklärliche atmosphärische Phänomene auf europäischer Ebene zu fördern und zu koordinieren und diese Aufgabe möglicherweise einer spezialisierten und erfahrenen Einrichtung wie dem SEPRA (Service d'Expertise des Phénomènes Rares Aérospatiaux [Vorläufer der GEIPAN]) in Toulouse oder der Europäischen Weltraumorganisation zu übertragen?

In ihrer Antwort vom 1. März 20047 wies die Kommission zunächst darauf hin, dass sie im November 2003 ein Weißbuch mit dem Titel „Die Raumfahrt: Europäische Horizonte einer erweiterten Union – Aktionsplan für die Durchführung der europäischen Raumfahrtpolitik“ vorgelegt hatte. Die Kommission hatte das Weißbuch in enger Zusammenarbeit mit der Wissenschaftsgemeinschaft und der ESA ausgearbeitet. In ihrer Antwort auf die parlamentarische Anfrage verwies sie insbesondere auf den Aktionsplan für die Durchführung der europäischen Raumfahrtpolitik. Die Kommission wies auf eine im Zuge des 6. Forschungsrahmenprogramms (2003 bis 2006) eingeleitete Aktion hin, die darauf abzielte, die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Einrichtungen zur Finanzierung von Forschungsmaßnahmen und den nationalen Forschungsorganisationen zu fördern, und ergänzte:

Eine spezifische Maßnahme, die für den Herrn Abgeordneten von besonderem Interesse sein könnte, betrifft eine Aktion, die vor kurzem im Zusammenhang mit dem Sechsten Forschungsrahmenprogramm eingeleitet wurde. Diese Maßnahme zielt auf die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Forschungsförderungseinrichtungen und den nationalen Forschungsorganisationen in Europa ab. Sie umfasst eine Aufgabe, die sich speziell mit der europäischen terrestrischen und atmosphärischen Sonnenforschung befasst. Dieses Vorhaben soll dazu beitragen, das Verständnis der atmosphärischen Phänomene zu verbessern und Weltraumwetterdienste bereitzustellen.

Die Antwort bleibt hinsichtlich der Anfrage sehr allgemein formuliert und geht nicht konkret auf das UFO-Thema oder die angesprochene europäische Untersuchungsstelle für solche Phänomene ein.

Die frühere, englischsprachige Wochenzeitschrift European Voice, die sich mit europäischer Politik und den EU-Institutionen befasste, veröffentlichte als Reaktion auf diese Anfrage hin einen Artikel von James Drew, worin, ausgehend von der großen Welle belgischer "fliegender Dreiecke" in den Jahren 1989/90, verschiedene europäische Sichtungen darstellt und die wenigen Versuche, die Aufmerksamkeit der EU-Institutionen auf das Thema zu lenken, vorgestellt werden und die Schlussfolgerung gezogen wird, dass in naher Zukunft keine größere EU-Initiative zu erwarten sei8.

 

Parlamentarische Anfrage vom 17. März 1998

Die älteste bekannte Anfrage stammt vom 17. März 1998 vom Abgeordneten Eryl McNally (PSE, Großbritannien), aufgrund der schriftlichen Anfrage eines Wählers9. In seinem Brief nimmt dieser Bezug auf Sichtungen in Großbritannien und Belgien und für ihn unzureichender Antworten nationaler Regierungstellen. Ebenso wird in diesem Brief eine mögliche Vertuschung angedeutet. Der Briefeschreiber möchte sich daher nach dem Standpunkt Europas zu unidentifizierten Flugobjekten erkundigen. Die Frage des Abgeordneten dazu:

Welche Maßnahmen hält die Kommission vor diesem Hintergrund für erforderlich, um die Sicherheit der europäischen Bürger in Bezug auf unidentifizierte Flugobjekte zu gewährleisten? Gibt es überhaupt eine europäische Politik in Bezug auf UFOs oder besteht die Möglichkeit, eine bestehende Politik weiterzuentwickeln?

Auf diese Anfrage ergeht am 15 April 1998 die Antwort für die Kommission, die sehr knapp ausfällt, ohne weiter auf die Frage einzugehen10.

Die Kommission ist der Ansicht, dass sie in dieser Angelegenheit nicht zuständig ist.

Bemerkenswert ist, dass diese Anfrage mutmaßlich die erste seit dem umfangreichen Kommissionsbericht zum Entschließungsantrag aus dem Jahr 1993 ist, es in der Antwort jedoch keinen Hinweis darauf  gibt.

 

Entschließungsantrag vom, 11. März 2024

Ganz aktuell hat der portugiesische Abgeordnete im EP, Francesco Guerreiro, der bereits eine parlamentarische Anfrage zu UAP gestellt hat (s. 1.1), einen Entschließungsantrag an das EP eingereicht (B9-0194/2024 vom 11.03.2024)11. Ausgehend von seiner parlamentarischen Anfrage fordert er darin die Einbeziehung von UAP-Vorfällen in die EU-Regelung über Vorfälle in der Zivilluftfahrt.

Hier der genaue Wortlaut des Antrags:

Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments zur Aktualisierung der EU-Verordnung über die Meldung, Analyse und Weiterverfolgung von Ereignissen in der Zivilluftfahrt zur Einbeziehung von UAP-Meldungen

Das Europäische Parlament,

- gestützt auf Artikel 143 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass unidentifizierte anomale Phänomene (UAP) nach wie vor ein stigmatisiertes Thema sind, was eine methodische Datenerfassung und -analyse durch die wissenschaftliche Gemeinschaft häufig behindert;

B. in der Erwägung, dass eine beträchtliche Anzahl von UAP-Vorkommnissen, einschließlich vieler Sichtungen aus erster Hand durch Piloten und ihre Besatzungen, unerklärt bleiben oder nicht gemeldet werden;

C. in der Erwägung, dass die Verordnung (EU) Nr. 376/20141 nur Luftfahrtfachleuten erlaubt, über sicherheitsrelevante Angelegenheiten zu berichten;

D. in der Erwägung, dass überparteiliche Gesetzgeber in den Vereinigten Staaten neue Rechtsvorschriften vorgeschlagen haben (Gesetzentwurf HR6967, Safe Airspace for Americans Act), um zivile Piloten und Luftfahrtpersonal zu schützen, die UAP-Sichtungen melden;

1. ist der Auffassung, dass die EU Leitlinien für eine gemeinsame Methodik zur Meldung und Analyse von UAP-Sichtungen vorschlagen sollte, die zu einer harmonisierten EU-Datenbank und einem Speicher führen und somit einen technischen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen könnten;

2. fordert die Kommission auf, eine Aktualisierung der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere der Verordnung (EU) Nr. 376/2014, vorzuschlagen, um einen Mechanismus für eine kohärente, transparente und stigmafreie Meldung und Datenanalyse in Bezug auf UAP im Luftraum der EU einzubeziehen, auch in Fällen, in denen solche Vorkommnisse kein offensichtliches und unmittelbares Sicherheitsrisiko für das betreffende Flugzeug darstellen.

Aufgrund der Aktualität des Antrags gibt es dazu verständlicherweise noch keine Reaktionen aus Parlamentskreisen.

  

Initiative vom 27. November 2023

Die zivile niederländische gemeinnützige Organisation „UAP Coalitie Nederland“ (UAP Coalition Netherlands, UAPCN) hat am 27. November 2023 einen Antrag zur Erweiterung des derzeit in Überarbeitung befindlichen EU-Weltraumgesetztes eingebracht12. Die UAPCN sieht einen starken Bezug des UAP-Phänomens zum europäischen Weltraumgesetz und schlägt die Einbeziehung der Suche und Erfassung von UAP vor. In einem mehrseitigen Papier führt die UAPCN ihr Anliegen aus. Darin gibt es eine allgemeine thematische Übersicht, die sich vor allem auf die USA bezieht, und es werden einige Beispiele für Sichtungen und Videos zitiert, die zumindest deren Ansicht nach ungeklärt oder nur schwer zu erklären sind.

Die UAPCN macht dann auch konkrete Vorschläge. So sollen UAP ein wichtiger Teil des EU Space Surveillance and Tracking Service werden und in dem Zusammenhang auch Anlass zur Analyse und Weiterentwicklung von Sensorfähigkeiten zur Detektion von UAP sein. Es sollen auch bereits vorhandene Beobachtungsdaten auf Anomalien untersucht werden.

Ebenso sollen UAP ein wichtiges Element in der Beobachtung erdnaher Objekte (NEO) und relevante NEO-Daten sollen analysiert und veröffentlicht werden. Des weiteren sollen UAP-Beobachtungen seitens Astronauten oder anderem Personal der Weltraumagentur besser behandelt werden, ohne die Ernsthaftigkeit in Frage zu stellen, Schließlich wird eine Harmonisierung und Zentralisierung des UAP-Berichtswesens innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten vorgeschlagen, wozu die Einrichtung einer zentralen Stelle in der EU zu UAP empfohlen wird. Zu guter Letzt wird noch die Einrichtung eines UAP-Programms bei der EU oder der ESA, ähnlich wie bei der NASA, empfohlen.

Zu dieser Initiative gibt es noch kein Feedback seitens der EU-Kommission.

  

Entschließungsantrag vom 26. November 1990

Am 26. November 1990 reichte der Abgeordnete Elio Di Rupo (PSE, Belgien) einen Entschließungsantrag zur Schaffung eines Europäischen Beobachtungszentrums für UFOs ein, der 1991 an den Ausschuss für Energie, Forschung und Technologie als federführenden Ausschuss überwiesen wurde, um dazu eine Beschlussvorlage auszuarbeiten. Als Berichterstatter wurde der Abgeordnete Tullio Regge (SPE, Italien) bestimmt. Auf der Ausschusssitzung vom 29.11. bis 01.12.1993 wurde der Entschließungsantrag einstimmig angenommen und am 02.12.1993 eingereicht13.

Der im Bericht formulierte Entschließungsantrag hatte folgenden Wortlaut:

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum Vorschlag für die Schaffung eines Europäischen Beobachtungszentrums für „UFOs“

Das Europäische Parlament, in Kenntnis der Entschließung von Herrn Di Rupo zur Schaffung eines Europäischen Beobachtungszentrums für „UFOs“ (B3-1990/90),
- unter Hinweis auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Energie, Forschung und Technologie (A3-0389/93),

A. in Erwägung der Tatsache, daß seit mehr als einem halben Jahrhundert in der Öffentlichkeit Verwirrung über die ständige Beobachtung von unbekannten Flugobjekten herrscht,

B. unter Hinweis darauf, daß es für die große Mehrheit dieser Beobachtungen eine rationale Erklärung gibt, auf die die Öffentlichkeit nur selten aufmerksam gemacht wird, und in Anbetracht der Notwendigkeit zuverlässigerer und wahrheitsgemäßerer Informationen,

C. in Erwägung der Tatsache, daß sich der unkontrollierte parawissenschaftliche Glaube an solche Phänomene in breiten Schichten der Öffentlichkeit, und vor unter gebildeten Personen, immer stärker ausbreitet,

D. unter Hinweis auf das über zehnjährige Bestehen des SEPRA in Frankreich (Service d'Expertise des Phenomenes des Rentrees Atmospheriques), einer Abteilung des CNES (Centre National d'Etudes Spatiales de Toulouse), das in enger Zusammenarbeit mit der französischen Gendarmerie und Luftwaffe seit Jahrzehnten eine systematische Forschungs- und Kontrolltätigkeit im Bereich der Wahrnehmung von „UFOs“ („Unidentified Flying Objects“) ausübt,

1. schlägt vor, den SEPRA innerhalb der EG als ständigen Ansprechpartner für UFO-Fragen zu betrachten und ihm einen Status zu verleihen, der es ihm ermöglicht, im gesamten Gemeinschaftsgebiet Untersuchungen durchzuführen. Die Mittel für etwaige zusätzliche Belastungen aufgrund der erweiterten Rolle des SEPRA können durch Vereinbarungen zwischen der französischen Regierung und den anderen EG-Mitgliedstaaten oder, falls erforderlich und mit Zustimmung der betroffenen Regierungen, direkt zwischen dem SEPRA und anderen Forschungsinstituten bzw. -organisationen in der EG aufgebracht werden;

2. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, der Vertretung Frankreichs bei den Europäischen Gemeinschaften sowie dem Centre National d'Etudes Spatiales de Toulouse zu übermitteln.

Allgemeine Hinweise zu den Zitaten aus dem Bericht von 1993: Es wird aus der deutschen Übersetzung zitiert, die die damalige Rechtschreibung beinhaltet und nicht nachkorrigiert wurde. Ferner wird als Bezug zur EU das damals gebräuchliche Kürzel „EG“ für Europäische Gemeinschaft verwendet, das ebenso übernommen wird.

Der Antragstext weist schon auf einige Kernpunkte des Phänomens hin, so bspw. „dass es für die große Mehrheit dieser Beobachtungen eine rationale Erklärung gibt“, oder auch der sich unkontrolliert ausbreitende „parawissenschaftliche Glaube“, der sich auch heute in manchen Kreisen der UFO-Szene widerspiegelt.

Die im Antrag erwähnte SEPRA, als Abteilung der CNES, ist der Vorläufer der heutigen GEIPAN und lässt sich im Wortlaut mit „Dienst zur Begutachtung atmosphärischer Wiedereintrittsphänomene“ übersetzen.

Es folgt eine mehrseitige Begründung des Antrags, aus dem eine recht gute Informiertheit des Verfassers ersichtlich ist, da gezielt verschiedene Aspekte aus dem UFO-Thema angesprochen werden. Das ist allerdings nicht überraschend, da Tullio Regge gute Kontakte zu der italienischen UFO-Gruppe CISU hat und von deren Seite auch mit diversen Infos versorgt wurde (s. hierzu die Ergänzungen am Ende dieses Punktes).

In der Begründung werden verschiedene Hypothesen erwähnt und auch kritisch beleuchtet, wie die Frage nach außerirdischen Besuchern, Supertechnologien oder militärischen Geheimnissen.

Kritisch beleuchtet wird auch die Rolle der Massenmedien, die über ihre Berichterstattung einen maßgeblichen Einfluss auf die öffentliche Meinung nehmen und für Verwirrung sorgen können.

Ein erheblicher Prozentsatz der Bevölkerung auch in den Industrieländern glaubt an die These von den Außerirdischen (Extraterrestrischen). Die Verfechter der ET-These bilden ein weites Meinungsspektrum, die von den "Kontaktgläubigen", d.h. jenen, die nähere Begegnungen der dritten Art fuer ein feststehendes Faktum halten und als Routineangelegenheit betrachten, bis hin zu seriösen UFO-Forschern, die sich fuer das Phänomen interessieren, jedoch ohne vorgefaßte Meinungen an die Frage herangehen. Die Verfechter der ET-These bringen die UFOs in Verbindung mit paranormalen Phänomenen und bilden praktisch eine mystische Gemeinschaft, die sich jeder Form einer wissenschaftlichen Kontrolle, die vorgefertigte Thesen nicht abzusegnen bereit ist, entzieht.

Erwähnt werden in dem Zusammenhang die Berichterstattung zu den Fällen Woronesch (Russland), wonach Außerirdische in einem dortigen Park gelandet und ausgestiegen seien und die UMMO-Geschichte aus Spanien über ein gelandetes UFO, wobei letzteres als „zu den schlimmsten Albernheiten“ gehörend gezählt wird. Regge schreibt dazu im Bericht:

Es ist nicht Aufgabe des Parlaments, sich zu UFOs zu äußern. Es muß dagegen rechtzeitig eingreifen, um zu garantieren, daß die Öffentlichkeit korrekt informiert wird. Wird nicht rechtzeitig gehandelt, dann könnte das nächste Jahrhundert keineswegs ein wissenschaftliches Jahrhundert werden, sondern statt dessen den Beginn eines neuen Mittelalters im Stile Hollywoods einläuten. Die eigentliche Gefahr stellen nicht die Außerirdischen, sondern schlecht informierte Menschen mit einer zu blühenden Phantasie und Politiker dar, die sich nicht im klaren über die Probleme sind, die durch eine unkontrollierbare und in mystischen und parawissenschaftlichen Ideologien gefangene öffentliche Meinung ergeben.

Der Bericht weist auf die Vielfältigkeit möglicher Erklärungen und Unsicherheiten hin, die auch zu Fehlinterpretationen herkömmlicher Objekte führen kann und erwähnt dazu die Ergebnisse der französischen SEPRA, die auch auf Unsicherheiten bei den nicht hinreichend erklärten Fällen hinweist, aber auch offen hinsichtlich zukünftiger Erkenntnisse ist.

Es ist nicht ausgeschlossen, daß in der Zukunft unerwartete, und im Rahmen der bekannten physikalischen Gesetze völlig erklärbare atmosphärische Phänomene entdeckt werden, deren seltenes Auftreten doch bisher eine systematische Untersuchung verhindert hat.

Eines der Bücher, die der Berichterstatter erhalten hat, enthält eine schwärmerische theologische Interpretation der UFOs, und als Beweis werden gut 38.000 Beobachtungen angeführt. Die Zahl könnte zutreffen, wenn man unkritisch alle in den Massenmedien gemeldeten, wenn auch noch so verrückten Beobachtungen gelten ließe, müssen aber erheblich reduziert werden, wenn man sich auf wenige ungelöste Fälle beschränkt. Tatsächlich untersuchte der SEPRA während seiner etwa fünf zehnjährigen Tätigkeit ca 2.300 Fälle. Hierzu ist zu bemerken, daß sich die Tätigkeit der SEPRA lediglich auf das französische Territorium erstreckt.

Thematisiert wird dazu auch der Zusammenhang von Film und TV bzw. medialen Einflüssen und nachfolgend gehäuften auftretenden UFO-Sichtungsmeldungen. Es wäre auch wert, eine historisch-soziologische Untersuchung hinsichtlich der Beeinflussung der Phantasie der Bevölkerung durchzuführen.

Erwähnung findet dann auch die belgische UFO-Welle, die damals noch sehr präsent war. Regge schreibt:

Im Vergleich dazu löste eine Reihe von Wahrnehmungen, die ab Ende 1989 in Belgien gemacht wurden, ein erhebliches Echo aus. Die SOBEPS, die belgische Gesellschaft, die sich mit dem Phänomen beschäftigt, analysierte bislang ca 1.500 Fälle. Verschiedene Merkmale der Erscheinung lassen größtmögliche Zurückhaltung bei dem Versuch geboten erscheinen, diese Ereignisse als Beweis fuer die ET-These anzuführen.

Es gibt keine allgemeingültige Erklärung für die UFOs; eine zufriedenstellende Lösung für bestimmte Beobachtungen kann es nur geben, wenn wir uns klar machen, daß diese Erscheinungen höchst unterschiedliche Gründe haben können, die gar nichts miteinander zu tun haben, (…).

Eine zweite Schlußfolgerung ist die, daß die wenigen verbliebenen unerklärlichen Beobachtungen (ca. 4%) im wahrsten Sinne des Wortes fuer UFOs (unbekannte Flugobjekte) gehalten werden müssen nur weil vorläufig oder vielleicht auch zufällig eine Erklärung noch fehlt, können wir die Erscheinung nicht als sicheren Beweis und auch nicht als Indiz fuer die Existenz von Außerirdischen ansehen, die über erheblich höhere technische Fähigkeiten als wir verfügen, Es bleibt jedoch Aufgabe der Wissenschaft, die Erforschung dieser Vorgänge fortzusetzen, um zu einer befriedigenden Erklärung zu gelangen.

Explizit erwähnt wird die Belgien-Welle sowie die dazugehörige Veröffentlichung der SOBEPS, mit einigen zurückhaltenden Anmerkungen, was die Beurteilung angeht. So kommentiert der Verfasser:

Der Beitrag von General Brouwer zum Buch der SOBEPS enthält (…) vor allem auch Erläuterungen zu den Gründen, warum von den Radaranlagen und den militärischen Aufklärungsflugzeugen keine UFOs aufgespürt wurden. Im wesentlichen wären die von den UFOs ausgestrahlten Lichtsignale wegen der im allgemeinen sehr starken künstlichen Beleuchtung in Belgien von oben nicht zu erkennen. Schließlich seien die Radargeräte mit automatischen Kontrollsystemen bestückt, die Signale von Quellen mit zu geringer Geschwindigkeit ausfiltern, die meistens undefinierbar sind und nur zu Verwirrung und Störungen führen. Da die Mehrzahl der belgischen UFOs offenbar in äußerst geringer Höhe und mit geringer Geschwindigkeit fliegt, ist es zu keinen Beobachtungen gekommen, auf die sich eine ernsthafte Diskussion stützen könnte; ebensowenig wie die von der Erde aus gemachten Beobachtungen mit den Radarkontakten bei hoher Geschwindigkeit in Verbindung gebracht werden können.

Von vornherein ist die Wahrscheinlichkeit von Kontakten zu Außerirdischen sicherlich weit geringer als die Erklärung durch andere Gründe (…). Bemerkenswert ist, daß alle Wahrnehmungen innerhalb Belgiens gemacht wurden, mit (meines Wissens) einer einzigen Ausnahme (5. September 1991) in Frankreich, jedoch sehr nahe der belgischen Grenze.

An der einen und anderen Stelle führt Regge die Überlegung einer bewussten Irreführung auch durch einzelne Personen oder Organisationen an. Der Bericht verweist dann aber auch auf ungeklärte Beobachtungen, im Speziellen im Zusammenhang mit Leuchtobjekten, die mit bislang unbekannten atmosphärischen Phänomenen in Verbindung gebracht werden:

Schließlich gibt es andere Beobachtungen über leuchtende "Stop-and-Go"-Objekte, die in der Lage sind, sich mit großer Geschwindigkeit und aussperrst starker Beschleunigung zu bewegen. Diese Objekte könnten mit noch unbekannten atmosphärischen Erscheinungen in Verbindung gebracht werden. Der Berichterstatter hat eine Vielzahl von Augenzeugen getroffen und interviewt, darunter auch Physikerkollegen, die Kugelblitze beobachtet haben, deren Ursprung und Mechanismus im übrigen im dunkeln liegen.
(…) Es wäre arrogant, a priori auszuschließen, daß es andere bislang unvermutete atmosphärische Phänomene gibt, fuer die es aber in Zukunft eine zufriedenstellende und höchst interessante Erklärung geben kann und die der Grund fuer UFO-Erscheinungen sein könnten.

Erwähnt wird ein damit zusammenhängendes Ereignis in Form des UFOs von Turin am 30. November 1976, das internationales Aufsehen erregte und von zahlreichen Beobachtern inkl. Piloten gesehen wurde. Regge schreibt dann über eigene Bemühungen, mit Piloten Gespräche zu führen, inwieweit sie eigene Beobachtungen gemacht haben. Es fand sich nur ein Zeuge: 

Als einziger von hunderten Befragten hat ein Flugbegleiter der Alitalia mir eine Begegnung mit einem UFO während eines Flugs auf der Strecke Rom-Venedig beschrieben. Aufgrund eines heftigen Wolkenbruchs konnte das Flugzeug damals nicht auf dem Flughafen Tessera landen, sondern mußte den Flughafen Ronchi anfliegen. Bei der Anflugphase wurde das Flugzeug von drei leuchtend Grünen Kugeln begleitet, deren geschätzte Entfernung etwa 100 Meter betrug. Diese Kugeln hinterließen auch Spuren auf dem Bodenradar und wurden von den Passagieren gesehen.

Aufgrund der Wetterverhältnisse sieht er hier ebenso einen Zusammenhang mit einem atmosphärischen Phänomen. Auch aus dem eigenen Bekanntenkreis bekam er Sichtungsberichte:

Schließlich wurde in der Nähe von Mailand von zwei Bekannten des Berichterstatters, passionierten Sternenbeobachtern, bei der nächtlichen Betrachtung eines Meteoritenschwarms eine Wahrnehmung gemacht. Plötzlich wurde der Himmel von einem sehr großen Körper verdunkelt, aus dessen Rückwand grünliche Flammen kamen, die sich langsam bewegten, Diese Beobachtung erregte seinerzeit ein gewisses Aufsehen in der Gegend.

Interessant ist der Absatz im Bericht, wonach der Verfasser alle Luftstreitkräfte der EU angeschrieben, jedoch lediglich aus Italien eine ausführliche Antwort erhalten hat:

Der Berichterstatter hat im übrigen alle Luftstreitkräfte der Mitgliedstaaten der EG angeschrieben und nur vom Generalstab der italienischen Luftwaffe eine erschöpfende Antwort erhalten, nebst einem nicht der militärischen Geheimhaltung unterliegenden Verzeichnis aller im letzten Jahrzehnt registrierten Erscheinungen, 1982 wurde mit 32 Beobachtungen der Höchstwert erreicht. Im allgemeinen scheinen sich die UFO-Beobachtungen entlang der italienischen Küsten zu verdichten. Die Broschüre enthält keine Erklärungen über die Art der UFOs und berichtet jedenfalls nicht von Beobachtungen durch militärisches Personal; es handelt sich wohl eher um eine Auflistung verschiedener von der italienischen Luftwaffe gesammelter Zeugenaussagen.

Die französische Luftwaffe hat in einem höflichen Schreiben den Berichterstatter gebeten, sich mit dem SEPRA in Verbindung zu setzen, mit dem sie seit langem aktiv zusammenarbeitet.

Die übrigen Luftstreitkräfte haben entweder nicht geantwortet oder die Aufforderung mit der Begründung abgelehnt, daß diese Daten unter das militärische Geheimnis fielen (Spanien) und auf jeden Fall nicht besonders relevant seien, oder aber, daß das Amt, an das ich mich gewandt hatte, in dieser Sache nicht zuständig sei (Bundesrepublik Deutschland), ohne jedoch anzugeben, welche Dienststelle hierfür zuständig wäre. Unlängst haben die spanischen Luftstreitkräfte die militärische Geheimhaltung aufgehoben und eine Liste von Beobachtungen veröffentlicht, von denen eine gewisse Ähnlichkeit mit dem zuvor erwähnten Fall Alitalia besitzt. Die Luftstreitkräfte aller Länder haben jahrelang die Geheimhaltung von UFO-Beobachtungen wegen der - wie sich in der Folge zeigte, völlig unbegründeten - Befürchtung, diese Erscheinungen hingen mit Geheimwaffen der UdSSR zusammen, aufrechterhalten. Letztere hat ihrerseits aus denselben Gründen die in ihrem Besitz befindlichen Daten geheimgehalten.

In den Schlussfolgerungen wird die Nützlichkeit eines zentralen UFO-Büros auf europäischer Ebene hervorgehoben:

Es könnte (…) nützlich sein, ein zentrales Büro einzurichten, daß die Informationen über UFOs in der gesamten EG sammelt und koordiniert. In erster Linie könnte es der Flut unkontrollierter Gerüchte entgegentreten, welche die Öffentlichkeit verunsichern, und Anlaufstelle für die zahlreichen Beobachtungen dieser Art werden, wie in dem jüngsten Fall des spektakulären Absturzes eines Meteoriten über der Adria oder eines russischen Kosmos in Frankreich. Schließlich könnte ein solches Zentrum über das Vorhandensein und die Art seltener Phänomene wichtige Erkenntnisse beisteuern und sich auf bereits vorhandene Organisationen stützen. Da der SEPRA bemerkenswerte Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt hat, wäre die logische und nicht kostspielige Konsequenz, ihm eine europäische Rolle und einen europäischen Status zu verleihen, der es ihm ermöglichen würde, Untersuchungen und Informationsaktionen in der gesamten EG durchzuführen.

Dem Bericht ist ein Anhang beigefügt, der den Textvorschlag für eine entsprechende Resolution enthält. In der vorliegenden deutschen Übersetzung fehlt der Anhang, er konnte aber aus der französischen Version übersetzt werden:

VORSCHLAG FÜR EINE RESOLUTION (ВЗ-1990/90)

vorgelegt gemäß Artikel 63 der Geschäftsordnung von N. DI RUPO zur Einrichtung eines Europäischen Zentrums zur Beobachtung von "UFOs". 

Das Europäische Parlament.

A. in der Erwägung, dass Bürger seit vielen Jahren behaupten, unerklärliche Phänomene am Himmel über mehreren europäischen Ländern beobachtet zu haben, 

B. in der Erwägung, dass in den letzten Monaten auch vertrauenswürdige Personen, Wissenschaftler und Militärs Zeugen von unerklärten Erscheinungen geworden sind, die mit "UFOs" (unidentifizierten Flugobjekten) gleichgesetzt werden,

C. in Anbetracht der großen Anzahl von Zeugenaussagen aus mehreren Ländern der Europäischen Gemeinschaft in der Nacht vom 5. auf den 6. November 1990,

D. in der Erwägung, dass ein Teil der Bevölkerung über die Häufigkeit dieser Phänomene beunruhigt ist,

1. fordert die Kommission auf, kurzfristig ein "Europäisches Zentrum zur Beobachtung von UFOs" einzurichten;

2. schlägt vor, dass dieses Europäische Zentrum zur Beobachtung von "UFOs" alle verstreuten Sichtungen sammelt, die von europäischen Bürgern und Institutionen (Militär und Wissenschaft) gemeldet werden, und dass es wissenschaftliche Beobachtungskampagnen organisiert;

3. schlägt vor, dass dieses Zentrum von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und einem ständigen Ausschuss mit Experten aus den zwölf Mitgliedsstaaten verwaltet wird.

Trotz der Befürwortung des Antrags gab es keine entsprechende Resolution im Europaparlament, was auch zu Diskussionen über die Gründe führte. Edoardo Russo von der italienischen UFO-Organisation CISU, der Tullio Regge auch persönlich kannte, gab im Rahmen einer Diskussion dazu Auskunft14:

Ich versorgte die Sekretärin von Tullio Regge mit einigen Unterlagen, und wir blieben danach in guten Beziehungen, (…) wir waren beide Redner bei einer UFO-Konferenz im Polytechnikum von Turin im Jahr 2001, und er war Gastredner bei unserem internationalen Kongress in Saint Vincent im Jahr 2007.

Er hat wiederholt gesagt (und geschrieben), was geschehen ist: Er hatte seine Meinung geäußert, dass kein EU-Ausschuss erforderlich sei, solange GEIPAN existiere und einen europäischen Status erhalten könne. Diese Schlussfolgerung wurde der Generalversammlung nie vorgelegt, da das Parlament (1994) aufgelöst wurde.

Zwei britische Abgeordnete sprachen sich gegen seine Schlussfolgerung aus, aber nicht aus politischer Opposition: Sie gehörten der Labour Party an, d.h. derselben sozialistischen Fraktion, der auch Tullio Regge angehörte. Sie führten ihren eigenen (typisch britischen) Kampf gegen neue EU-Ausgaben. Er war unerbittlich und ironisch wie immer, als er uns sagte, dass: „Sie haben nichts davon verstanden“.

Tullio Regge (verstorben 2014) war Physiker, einer der  bekanntesten Wissenschaftler Italiens und u.a. Professor für theoretische Physik an der Universität von Turin. Er forschte u.a. in den Bereichen der Hochenergiephysik und theoretischen Elementarteilchenphysik und erlangte auch verschiedene wissenschaftliche Preise und Auszeichnungen. Er war Autor diverser (populär-)wissenschaftlicher Bücher und Artikel und hat sich kritisch mit paranormalen Behauptungen auseinandergesetzt. Von 1989 bis 1994 war er Abgeordneter im Europäischen Parlament und dort Mitglied des Ausschusses für Energie, Forschung und Technologie. Das nachfolgende Foto wurde auf der Tagung der italienischen CISU anlässlich deren 60jährigen Jubiläums im Jahr 2007 gemacht und zeigt u.a. Tullio Regge (zweiter von rechts). 

Mitwirkende an der CISU-Konferenz 2007 (v.li.): Gian Paolo Grassino (CISU), Astronom Guido Cossard, Paolo Toselli (CISU), MEP Tullio Regge, Journalist Piero Bianucci (Bildrechte: Maurizio Morini, CISU)

  

EU und UFOs im Deutschen Bundestag

Für den deutschen Bundestag fertigte deren wissenschaftlicher Dienst 2009 einen Sachstandsbericht mit dem Titel „Die Europäische Union und ihr Umgang mit dem Thema ‚unidentifizierte fliegende Objekte‘“ an, der die Anfragen an die EU zum damaligen Zeitpunkt enthält15. Die Einleitung enthält die bekannte Definition zu UFOs:

Als „unidentifiziertes fliegendes Objekt“ (im Folgenden: UFO) wird ein fliegendes Objekt oder ein optisches Phänomen bezeichnet, das vom Beobachter nicht identifizierbar ist. Mit dem Begriff UFO werden oftmals Raumfahrzeuge außerirdischer Lebewesen bezeichnet. Um die insofern zu enge Verwendung der Bezeichnung UFO zu vermeiden, wird teilweise stattdessen der Begriff „UAP“ für „unidentified aerial phenomenon“ vorgeschlagen; damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich bei der Mehrheit der beobachteten UFO-Sichtungen um atmosphärische und meteorologische Phänomene handelt, bei denen keinerlei Beweise für die Existenz eines Objekts vorliegen.

Es wird darin auch bereits der alternative Begriff UAP erwähnt, unter Bezugnahme auf die französische GEIPAN. Es folgt ein Kapitel mit Ausführungen zur europäischen Weltraum- und Raumfahrtpolitik zum damaligen Zeitpunkt, insbesondere zu den zwei Hauptpfeilern, das Satellitennavigationsprojekt Galileo und die Initiative „Global Monitoring for Environment and Security“ (GMES) zur weltweiten Umwelt- und Sicherheitsüberwachung. Besonders erwähnt wird die im Berichtsjahr stattgefundene, sechste Tagung des „Weltraumrates“ der für die Weltraumpolitik zuständigen Fachminister der EU-Mitgliedstaaten und der ESA . Schwerpunktmäßig wurde auf der Tagung das Thema „Weltraum und Innovation“, mit den Entwicklungen bei der Umsetzung des GMES-Programms behandelt. Hingewiesen wurde dabei auch auf die aktive Rolle der EU bei der Entwicklung der Fähigkeit der EU zur weltraumgestützten Lageerkundung und -beurteilung.

Hervorgehoben wird im Weiteren der Umgang von Frankreich mit dem UFO-Phänomen mittels der GEIPAN als Abteilung der CNES:

Frankreich ist der einzige Mitgliedstaat der EU, der UFO-Sichtungen offiziell dokumentiert und die Dokumentationen für die Öffentlichkeit über die nationale Raumfahrtagentur „Centre national d’études spatiales“ (CNES - Nationales Zentrum für Raumfahrtstudien) freigibt. Im Jahre 2005 wurde eine „Groupe d’études et d’informations sur les phénomènes aérospatiaux non identifiés“ (GEIPAN - Studiengruppe für Informationen über nicht identifizierte Luft- und Raumfahrtphänomene) als Abteilung des CNES gegründet. (…) Die Aufgabe der GEIPAN besteht darin, Berichte und Beobachtungen über unidentifizierte Luft- und Raumfahrtphänomene zu sammeln, zu analysieren, zu archivieren und die Öffentlichkeit über Ereignisse und Vorkommnisse zu informieren. Zugleich bearbeitet die GEIPAN Anfragen und Meldungen hinsichtlich „unidentifizierter Luftphänomene“. (…) Die GEIPAN favorisiert offiziell keine Erklärung von UFO-Phänomenen. Neben der Datensammlung und Analyse versucht die GEIPAN, die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Gemeinschaft auf Sichtungen von UFOs zu lenken, da sie hinter diesen Phänomenen revolutionäre wissenschaftliche Entdeckungen vermutet.

Erwähnt wird in dem Zusammenhang ferner der COMETA-Bericht aus dem Jahr 1999. Ein weiteres Kapitel gibt dann einen Überblick über die Befassung des Europäischen Parlaments bzw. der Kommission mit dem UFO-Thema worin auch der Bericht zum Entschließungsantrag aus dem Jahr 1993 erwähnt wird, der im Parlament keine Mehrheit fand. Auch die oben aufgeführten Anfragen bis zum Berichtszeitpunkt an die EU werden zitiert.

In einem Ausblick wird abschließend der Sachstandsbericht der französischen Forschungsministerin Valérie Pécresse zur europäischen und französischen Weltraumpolitik vom 17 Juni 2009 erwähnt, worin die Ergebnisse der sechsten Tagung des Weltraumrates zur künftigen Erforschung des Weltraums hervorgehoben werden.

Der Bericht des wissenschaftlichen Dienstes hat reinen Informationscharakter. Es werden keine Beurteilungen zum UFO-Phänomen oder irgendwelche Empfehlungen für Aktivitäten abgegeben. Nachgelagerte Reaktionen zu dem Bericht sind nicht bekannt.

 

Schlussbemerkung

Die hier beschriebenen Vorgänge zeigen, dass die EU als Institution wiederholt Gegenstand von Anfragen zum Thema UFO/UAP war und ist, die bislang jedoch keine nachhaltigen Ergebnisse zeigten oder zurückgewiesen wurden. Einzig der Bericht zum Entschlussantrag aus dem Jahr 1990 zeigte eine umfassende und kompetente Auseinandersetzung mit dem Thema, dessen Empfehlung, die GEIPAN als zentrale europäische Anlaufstelle für UAP-Beobachtungen einzuführen, leider nicht gefolgt wurde. Interessant wird sein, wie auf den neuen Antrag des MEP Francisco Guerreiro reagiert wird und ob es dazu eine parlamentarische Diskussion gibt.

Aktuell deutet nichts darauf hin, dass es auf EU-Ebene irgendwelche UAP-Aktivitäten oder diesbezügliche (gesammelte) Unterlagen gab bzw. gibt. Abzuwarten bleiben die weiteren Entwicklungen im Rahmen des aktuellen EU-Weltraumgesetzes und ob hier das Thema UAP im Rahmen der aktuell noch laufenden Initiativen noch Berücksichtigung findet.

 

Nachfolgend können Sie den Ausschussbericht der EU-Kommission von 1993 und den Bericht des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags von 2009 in Gänze lesen. Die im Beitrag hinterlegten Verweise und Links finden Sie am Ende.

 

 

Verweise

Parlamentarische Anfrage vom 31.01.2024
Parlamentarische Anfrage vom 28.07.2023
Parlamentarische Anfrage vom 28.07.2023 - Antwort
EU-Verordnung zur Meldung, Analyse und Weiterverfolgung von Ereignissen in der Zivilluftfahrt
Parlamentarische Anfrage vom 16.05.2008
Parlamentarische Anfrage vom 15.05.2008 - Antwort
Parlamentarische Anfrage vom 22.01.2004
8 "UFO al Parlamento Europeo". UFO Rivista Di Informatione Ufologica, 29, S. 1
Parlamentarische Anfrage vom 17.03.1998
10 Parlamentarische Anfrage vom 17.03.1998 - Antwort
11 Entschließungsantrag von Francisco Guerreiro vom 11. März 2024
12 
Initiative der UAP Coalitie Nederland
13 Kommissionsbericht des EP von 1993 in Deutsch
     Kommissionsbericht des EP von 1993 in Französisch
14 E-Mail vom 14.01.2024, persönliche Kommunikation
15 Sachstandsbericht des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags

 

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